CD-Album
Kaiphas Records 2007
Wer kennt ihn nicht, den guten alten Barabbas, der anno dazumal vom Volke gewählt an Jesus statt freigelassen wurde und dadurch der Geißelung und der elenden Verendung am Kreuze entging. Damit hatte er einerseits zwar wahnsinniges Glück gehabt, andererseits blieb ihm der überirdische Triumphzug des anderen verwehrt. Zumindest solange, bis sich ein kleines Dreiergespann aus Leipzig/Halle/Gemünda dazu entschloss, seinem tragischen Dasein sowohl namentlich als auch musikalisch Tribut zu zollen.
Die Band BARABBAS ist so etwas wie ein Familienunternehmen, denn Johannes, Simon und Maximilian sind leibliche Brüder. Bemerkenswert ist auch, dass das zu rezensierende Album aus einem von Simon für die Schule komponierten Stück entwickelt und um zwei weitere Titel ergänzt wurde. Diese spielte man 2006 in den Crossover-Studios in Coburg live ein und über Kaiphas Records erschien 2007 „Golgotha“ als vollwertiges CD-Album.
Ihren Stil umschreiben BARRABAS selbst als Ultra Slow Piano Doom Metal. Das liest sich nicht nur ungewöhnlich, es klingt auch so. Man stelle sich ein klassisches Konzert vor, dessen Orchester nur aus einem Piano/Keyboard, einer Gitarre und einem Schlagzeug besteht. Über drei Akte von jeweils drei, zwanzig und neunundzwanzig Minuten Länge ergießen sich über den Hörer der Nachvollziehbarkeit halber einfach gehaltene dafür aber umso schwerere Riffs, die das Tempo einer altersschwachen Schnecke um Längen unterbieten. Auf jeden Fall hatte Maximilian während der Aufnahmen genug Zeit, um die Drumsticks beiseite zu legen, seinen Brüdern einen Kaffe zu kochen (bzw. ein Bier aufzumachen), sächsischen Sauerbraten zuzubereiten und was weiß ich noch alles. Beeindruckend sind ebenfalls die Gitarrensoli, die nicht nur solide gespielt, sondern auch respektabel sowohl in die Höhe als auch in die Länge gezogen wurden. Das Piano erfüllt entgegen gängiger Erwartungen nicht nur begleitende Aufgaben, es eröffnet und beschließt das in seinen Grundfesten sehr funerale Spektakel, rundet es ab und haucht ihm einen gewissen ambienten Charme ein.
BARABBAS klingen ein bisschen wie Shape Of Despair auf Valium, die sich mit Bohren & der Club of Gore zusammengeschlossen haben, um in Wagners Gruft eine geheime Doom Party zu feiern, nur wurde aufgrund des vergessenen kurzen Streichholzes die Gesangsposition nicht besetzt. „Golgotha“ ist ein sehr interessantes (Konzept-) Album, das den Doom zwar nicht neu definiert, aber die Genreextreme gekonnt auslotet. Auch angesichts des jungen Alters haben BARABBAS' Jünger für ihr Werk Anerkennung verdient. Sie beweisen mit „Golgotha“, dass Doom zur Kunstform gereicht.
Bewertung: 8 von 10